Wer hat an der Uhr gedreht? Der untriebige Phillip Boa ist in die Hauptstadt zurück gekehrt und es klingt… sehr speziell und unverkennbar nach Boa. Der „Decadence & Isolation“ Nachfolger kommt gut. Man hat wieder nach untergrundigen Sounds gesucht. Das ist auch gelungen. Schöne schräge Gitarren, retroartige Keyboards mit Liebe zum Detail, knallige Drums mit kernigen Grooves und eine bestimmte Modernität. Klingt ein bischen nach Frischzellenkur der sich Boa da unterzogen haben. Der Lord of Indiecult und seine piepsende Gespielin haben jedenfalls nicht verlernt wie man vor ihrer Zeit jeden Titel einfach ausblendet – wer braucht schon Schlüsse?! Was somit in den Mittelpunkt rückt sind die lethargischen Melodien und die merkwürdigen Songstrukturen – wie gehabt.
Es gibt einige Überraschungen wie „You Hurt Me“ wo Pia Lunds und Mr. Boa dann ein eher selten gewordenes punkiges Images auflegen, sehr geil. „You Are A Parasite but I Love You“ wird hingegen ein neuer Klassiker, catchy und im boaschen Sinne perfekt trashig komponiert. Wir bekommen also wieder die gelungene Mischung zwischen Rotz und Honig serviert, die Phillip Boa & The Voodooclub schon irgendwie einmalig machen. Die exponierte Ausnahme ist „Girl Is A Runner“ mit Keyboarddominanz und Singleambition, da muss man sich erst reinhören. Nichts desto trotz ist und bleibt „How Much Can You Swallow“ ein Favorit mit Stärke. Man kann sagen was man will: Für die einen ist es einfach nur schräg, für die anderen der Stein der Weisen…
Wie geht es überhaupt weiter? Gegen Ende Juli werden Re-Releases von „Hair“, „Copperfield“ und „Hispanola“, den drei prägensten und erfolgreichsten Scheiben ihrer History, erscheinen. Die alten Aufnahmen werden komplett neu gemastered und liebevoll restauriert. Anlässlich der Re-Releases werden dann auch ein paar Konzerte geplant, wo ausschliesslich Songs aus diesen drei Alben gespielt werden. Eine interaktive Idee zwischen Boa und ihren Fans. Na dann. Phillip Boa & The Voodooclub bleiben was sie sind, ein Original.
„Sagen wir so: Am Anfang war ich, und es waren meine Texte und auch alles meine Songs.“ Das erinnert an die sprechende Bombe von Dark Star. Boa – Freigeist der Musik, Schreckgespenst der Achtziger und hörenswertes Auferstandenes gegen den heutigen wurzellosen Vampirismus der Indipendent Szene. „Faking To Blend In“ hat zwar keine Hits, aber das war sowieso klar. Die Künstler bestimmen selbst was kommerziell ist oder nicht. Ein Konzeptalbum mit derartiger Eigenwilligkeit ist nur als Gesamtkunstwerk zu betrachten und ein Schmuckstück für Eingeweihte und Sammler. Hate it or love it – der Zuhörer wird wieder einmal gezwungen sich zu entscheiden. Musik für Fans: Die breite Masse ausgeschlossen, im Ausland willkommen, als Prophet im eigenen Lande verkannt. Dieses Boa Album ist wirklich gelungen, wünscht man sich jedoch den Tag an dem die neue Scheibe klingt wie ein Best of mit neuen Titeln.
On Tuesdays I'm Not As Young Girl Is A Runner Faking To Blend In Drinking And Belonging To the Sea Emma You Are A Parasite but I Love You Queen Day You Hurt Me Sleep A Lifetime Collective Dandyism In Todays Parties How Much Can You Swallow The Night Before the Last Was Saturday Night Release 03.08.2007, Motor MusicTweet