Paul McCartney – „Memory almost full“

Paul McCartneySir Paul versteht es wieder einmal die Gemüter zu spalten. Der Grandmaster of Retro Action schüttelt kurzerhand Songs im Stile seiner besten Epochen aus dem Ärmel. Mal ein bischen Abbey Road, ein wenig Sgt. Pepper, dann wieder Band on the Run. Einfach so wie es dem Meister beliebt. Beweisen muss Paul McCartney sowieso nichts mehr. Es werden lediglich die bekanntesten und besten Register gezogen – und schwupps ist der Longplayer fertig. Nach dem guten, aber etwas eintönigen Vorgänger „Chaos and Creation in the Backyard“ peppert der Sergeant so richtig psychedelisch los, vieles erinnert an die Wings – sei es drum – McCartney weiß schlicht wie er die Fans abzufüttern hat. Sicher ist McCartney nicht mehr der Wegweiser wie er zu Zeiten der Beatles war, seine Musik ist aber immer noch handgemacht und nicht aus der Computerretorte.

„Memory Almost Full“ ist zwar nicht so intensiv und dicht wie der Vorgänger, dafür aber derart vielschichtig und soundtechnisch hervorragend gelungen, dass man schnell vergisst, dass es sich hier um eine 2007er Produktion handelt. Retro as Retro can be, beeindruckend original: „House of Wax“ ist schon jetzt ein Klassiker, düster und kraftvoll. Mit „Mister Bellamy“ steht das Hightlight des Albums, der Titel fällt allerdings soundbezogen völlig aus dem Rahmen. Ebenso die Single „Dance Tonight“, der Gute-Laune-Ohrwurm, den der Meister mal eben kurz auf der Mandoline abzockt und so den kommerziellen Erfolg seiner Produktion sicher stellt, auch wenn der Song nicht recht auf diese CD passt. Dieser Titel ist ein genial einfach komponiertes Hit-Wunder und zeigt einmal mehr das musikalische Format und Vermögen des Ex-Beatles. „Feet in the Clouds“ hingegen zeigt den Anspruch des Musikers. Mit „Gratitude“ legt Paul kurz und knapp seine „Back in the USSR“ Stimme auf, und das trotz hohem Alter abrufbar und authentisch wie damals.

Anspiel Tipps gibt es viele, sozusagen die ganze CD. Nach mehrmaligem Rotieren setzt ein gewisser Suchtfaktor ein, der die Scheibe immer besser werden lässt. Zu viele Feinheiten die zu entdecken sind. Unverwechselbare Basslinien, Melodien und sphärische Simmungen überall. Der Reiz ist, dass sich Paul McCartney so anhört, als musiziere er zur eigenen Erbauung und probiere mal dieses, mal jenes aus. Dabei schüttelt er ab und zu ein Ass aus dem Ärmel und lächelt gelassen über missglückte Experimente, die als sympathische Verrücktheiten durchgehen. Alles sauber durchkomponiert blitzt der burschikose Spaß auf, der die Beatles einst so groß und zeitlos machte. „Memory Almost Full“ ist vielleicht kein Meilenstein, viel eher ein Best Of Replikat der eigenen Person – doch so sagt uns der Titel bereits was wir geschenkt bekommen: Ein Poesiealbum voller Qualitäten.

01. Dance Tonight
02. Ever Present Past
03. See Your Sunshine
04. Only Mama Knows
05. You Tell Me
06. Mr. Bellamy
07. Gratitude
08. Vintage Clothes
09. That Was Me
10. Feet in the Clouds
11. House of Wax
12. End of the End
13. Nod Your Head

Concord Records, Release: 01.Juni 2007

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